Das Körpergefühl des Pferdes im Biomotorischen Training
Das Körpergefühl des Pferdes ist eine nach innen gerichtete Aufmerksamkeit des Pferdekörpers – quasi eine Wahrnehmung für die eigenen Vorgänge im Körper. Ausgelöst wird das Körpergefühl durch Sinneswahrnehmungen, die das Pferd im „Normalfall“ überreich zur Verfügung hat. Was das Pferd durch diese Sinneswahrnehmungen und das feine Körpergefühl einerseits so sensibel, lernfähig und anpassungsfähig macht, wirkt sich leider, wenn man seine Sinneswahrnehmungen reduziert, umso dramatischer und einschneidender für die Funktionalität des Pferdekörpers aus.
Denn durch das eigene Körpergefühl – das niemand, auch der Mensch nicht ersetzen kann – kann das Pferd seinen Körper ökonomisch und „Material schonend“ und seinem funktionellen Gebrauch nach, entsprechend einsetzen. Damit wird das Körpergefühl zum wichtigen Supervisor des Pferdes – in seinen „wilden Zeiten“ war das einwandfreie Funktionieren des Körpergefühls überlebenswichtig. Denn wenn Futter und Wasser knapp sind, muss man mit Kräften gut haushalten.
Aber auch wenn der Mensch das Pferd reitet, könnte man durch eine bessere Körperwahrnehmung des Pferdes die gesteckten Ziele des Menschen viel besser und ohne mechanische Unterstützung erreichen und umsetzen, ganz abgesehen davon, dass auf diese Weise das Pferd auch was vom Reiten hat, denn damit erfüllt das Reiten einen weiteren genetisch angelegten Vorgang im Pferdekörper – den Drang nach körperlicher Weiterentwicklung und Verfeinerung. Wiederum ein dringender Aspekt zum Überleben und zur Fortpflanzung – in der Natur überlebt eben nur der Sieger.
EIN GUTES KÖRPERWAHRNEHMUNGSVERMÖGEN
Auch in der Gemeinschaft mit dem Menschen ist das entwickelte Körpergefühl eine dringende Forderung des Körpers. Ohne ein ständiges „Training“ des Körperwahrnehmungsvermögens können die Bewegungskorrekturen, die der Mensch am Pferd vornimmt, nicht in den Alltag übertragen werden. Das Pferd bleibt so auf die kontrollierende Einwirkung des Menschen angewiesen und wird immer abhängiger davon, weil seine Körperwahrnehmung sogar dabei proportional abnimmt, anstatt verfeinert zu werden.
DER MENSCH MERKT ES NICHT!
Damit werden auch bei den einfachsten, alltäglichen Bewegungen – wie z. B. auf der Koppel Schritt gehen, beim Kopf heben oder sich umschauen – die falschen Muskeln eingesetzt und das Genick des Pferdes, und sein Becken – die ganze Wirbelkette von vorn bis nach hinten, zwangsläufig unnötig belastet.
Ohne Körpergefühl kann der Pferdekörper die Bedürfnisse seines Körpers nicht angemessen wahrnehmen und interpretieren. Es besteht die große Gefahr der schädlichen Überforderung, die sich in erster Linie in Wirbeln und Gelenke ausdrückt, wie auch der schwächenden Unterbelastung, die es auch nicht registriert und sich in den Organen ausdrückt und nach „außen“ ausstrahlt.
DAS BIOMOTORISCHE TRAINING VERHILFT DEM PFERD ZU EINEM BESSEREN KÖRPERGEFÜHL
Mit Körpergefühl spürt das Pferd aufkommende Verspannungen selber, und der Körper kann entsprechend darauf reagieren. Das Körpergefühl stimuliert die Gleichgewichtsreaktionen, es reguliert den unbewussten Atemrhythmus, es aktiviert den Aufrichtekräfte, es fördert die Fähigkeit muskuläre Spannungen auszugleichen und sensibilisiert das Gefühl des Pferdes für eine jeweils angepasste Körperhaltung.
Im biomotorischen Training lernt das Pferd geschmeidige und funktionale Bewegungen von den für den Körper belastenden, anstrengenden zu unterscheiden. Die bietet es einfach nicht an…das ist das Signal für den Menschen, dass er solche Bewegungen gemeinsam mit dem Pferd erst sorgfältig entwickeln muss, und sie nicht einfach verlangen darf.
Eine biomotorische Bewegung – also immer mit dem zugeschalteten Nervensystem ausgeführt – gilt erst dann als „erlernt“ – wenn sie fließend und leicht, ausdrucksstark und ohne unnötige Anstrengung ausgeführt werden kann. Wenn sich das Pferd diesen Bewegungen, vor allem wenn ein Mensch auf ihm sitzt – selber bewusst ist, und den Einsatz seiner Beine dazu selbst wählen kann.
Dabei stellt sich beim Pferd ein Gefühl der Leichtigkeit ein, das verstärkend und vorwärtstreibend auf den ganzen Pferdekörper wirkt, ein positives Körpergefühl beim Pferd hinterlässt und motivierender ist als jede auswendiggelernte Wiederholung.