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Wie Pferde Bewegungen lernen

Definitionen – wie Pferde Bewegungen lernen

„In der lebendigen Natur geschieht nichts, was nicht
in der Verbindung mit dem Ganzen steht“   Johann Wolfgang von Goethe

 

Wie vielfältig und individuell Pferde sind und welche Schwierigkeiten uns Menschen diese Vielfalt bereiten kann, war die nachhaltigste Erfahrung, die ich in meiner Tätigkeit mit dem Pferd machen konnte.

Meine Motivation, trotz anfangs gegenteiliger Meinung der Reiterwelt weiterzumachen, war meine Überzeugung : nur wenn wir die Vielfalt und die Gesetzmäßigkeiten der natürlichen Körperentwicklung ausreichend gut kennen, können wir den individuellen Bedürfnissen, aber auch den Begabungen und Fähigkeiten des Pferdes gerecht werden und so das Pferd  in seiner persönlichen Entwicklung wirksam unterstützen.

Es stellte sich heraus, dass es keine Fähigkeit, kein Verhalten und keine körperliche Eigenschaft gibt, die bei allen Pferden gleich ausgebildet ist – warum ich die „Nützlichkeit“ von einheitlichen Reitlehren und die Verherrlichung alter „klassischer Reiterei“ – die damals andere Ziele hatten, als wir sie heute für unsere Pferde brauchen – absolut in Frage stelle.

Bewegungen, die wir entfalten wollen

Pferde haben also alle ganz unterschiedliche Voraussetzungen, um die kleinen und großen Herausforderungen mit dem Menschen zu bewältigen. Dabei spüren viele Pferde sehr schnell, dass sie die Erwartungen ihres Menschen nicht erfüllen können. Die Eigenwahrnehmung ihres Körpers wird von diesem „Druck“ erheblich beeinträchtigt, und oft reagiert das Pferd z.B. mit motorischer Ungeschicklichkeit oder hoher Verletzungsanfälligkeit darauf. Kurz gesagt, Pferde leiden an den unterschiedlichsten Entwicklungs- und Verhaltensauffälligkeiten durch den Anspruch des Menschen.

Eine Ausbildung, die sich an den Grundbedürfnissen des Pferdes orientiert

Aber gerade darin liegt die große Chance für das Pferd – denn wir können uns das erste Mal in der Mensch-Pferd-Geschichte wirklich „nur“ auf den Körper des Pferdes, seine Grundbedürfnisse an Bewegung und seine individuellen Begabungen konzentrieren. Es gilt, die individuellen Begabungen des Pferdes zu respektieren und die „Arbeitsanforderungen“ an das Pferd mit seinen körperlichen Fähigkeiten möglichst in Einklang zu bringen.

Leicht davon zu überzeugen ist der Pferdebesitzer nicht – schließlich hat jeder seine bestimmten Erwartungen an das Pferd, eigene Vorstellungen von den Leistungen, die es erbringen soll – auch wenn die „Leistung“ nur darin besteht, entspannt auszureiten. Wie oft höre ich den Satz: „das kann man alles auch mit Reiten erreichen“….Ich enthalte mich dann der Antwort darauf.

Bewegungsentwicklung zur Individualität

Wenn ein Fohlen zur Welt kommt, läuft in seinem Körper ein überaus komplexer Reifungsprozess ab, der nur gelingen kann, wenn das junge Pferd die notwendigen Erfahrungen mit seinem Körper selber machen kann. Die Primitivreflexe unterstützen, leiten und steuern die Entwicklung dabei. Um das umzusetzen ist das junge Pferd mit einer unbändigen Neugierde und einer genetischen Lernbereitschaft ausgestattet. Es kann gar nicht anders, als sich für seine Umwelt in jeder Hinsicht zu interessieren. Das junge Pferd will die Welt kennenlernen, um sie möglichst gut zu verstehen und sich darin zu bewähren – das entscheidet immerhin  den Verlauf seines Lebens.

Der Masterplan für die Entwicklung

Aus diesen Grundbedürfnissen heraus will jedes Pferd lernen, aber eben auf seine eigene Art und Weise. Darf das Pferd seinem individuellen Entwicklungsplan folgen, entwickelt sich das Pferd immer mehr zu einer gefestigten Persönlichkeit mit viel Ausdruck. Die Lernbereitschaft ist  von Pferd zu Pferd unterschiedlich groß, denn Pferde entwickeln sich nicht im Gleichschritt – auch wenn militärisch geprägte Ausbildungen uns das glauben machen wollen. Jedes Pferd hat sein eigenes Entwicklungstempo und damit auch sein eigenes Neugierverhalten.

Dem Entwicklungspfad des Pferdes folgen

Genauso wenig wie wir, sind Pferde Alleskönner, denn die körperlichen Anlagen geben Fähigkeiten vor, die es auch „natürlich“ unter optimalen Lebensbedingungen entwickeln könnte. Versucht der Mensch dennoch das Pferd ohne Bewegungsentwicklung außerhalb seiner Möglichkeiten zu steigern, machen wir den Körper des Pferdes unglücklich. Aber die Grenzen des Bewegungspotenzials zu erkennen und zu akzeptieren fällt dem Menschen augenscheinlich schwer. Eigentlich unverständlich – denn richtig gefördert, hält der Körper des Pferdes sehr viel für den Menschen bereit und ist dann unendlich belastungsfähig und – auch tragfähig.

Aktivieren und vernetzen durch Erfahrungen

Wir können das Pferd nicht wie einen Klumpen Ton formen, aber wir können ihm Bewegungserfahrungen in den Bereichen ermöglichen, denen unsere Vorstellung des Pferdes entspricht. Synaptische Verbindungen können lebenslang auf-und abgebaut werden, abhängig von den Erfahrungen, die das Pferd macht. Aber es geht nicht nur darum, irgendwelche Erfahrungen zu machen, sondern solche, die das Pferd mit seinen eigenen Fertigkeiten und Begabungen verbinden kann. Damit tragen wir in der Art und Weise, wie wir seine Umweltanreize gestalten, dazu bei, inwieweit das Pferd seine angelegten Fähigkeiten entwickeln kann.

Unser Drang, das Pferd zu beherrschen

Der gesprochene oder unausgesprochene Auftrag an Ausbilder und Reitlehrer besteht immer noch darin, Pferde in die „Norm“ von gängigen Reitlehren und somit in „Form“ zu bringen, was – wie uns die langjährige Erfahrung gelehrt hat – nicht gelingen kann. Dasselbe Problem stellt sich für das Pferd allerdings auch bei der heute ebenso gängigen Unterforderung des Pferdes ein – ein nicht zu vernachlässigender Faktor, der das Wohlbefinden eines Pferdes erheblich beeinträchtigen kann.

 

So fühlen sich Pferdebesitzer, Ausbilder oder Reitlehrer verpflichtet, ein Pferd das nicht den Normvorstellungen der gängigen Reitlehren entspricht, über Druck und Zwang weiter zu „fördern“. Die Palette an „Hilfsmitteln“ ist erschreckend und viele werden verharmlost – wie der allgemein übliche Sperrriemen, Knotenhalfter, Kappzaum oder das festsitzende Gebiss, die dem Pferd seine „Sinne“ nehmen.

Der Mensch unterschätzt dabei die Wirkung  einer derartigen Beeinflussung, die wir mit diesen „Hilfsmitteln“ relativ einfach  auf das Pferd ausüben können und die nicht damit zu entschuldigen sind, das man auf diese Weise eine Reitlehre korrekt ausführt, die vor zig Jahren um Irgendwas zu erreichen, entwickelt wurden.

Der Mensch drängt dem Pferd so Bewegungen und Fertigkeiten auf, für das das Pferd aufgrund seines körperlichen Entwicklungsstandes noch nicht bereit ist. Das Pferd spürt, das es etwas leisten soll, was es noch nicht kann, es bekommt den Druck, dass der Mensch etwas erwartet und fühlt sich als „Versager“.
Oder anders ausgedrückt: Wird das Pferd bewegungstechnisch vernachlässigt, entwickelt es sich weniger, wird es überfordert, wird es nicht besser, sondern demotiviert.

So kann es auch dem talentiertesten Reiter nicht gelingen, dem Pferd zu einer guten Leistung zu verhelfen. Vor allem, wenn dieser Reiter allen Pferden den gleichen „Lehrstoff“ vermittelt und an alle die gleichen körperlichen Anforderungen stellt.

Der Vergleich: BewegungsLernen und fremdbestimmtes Eingeübtes

Also haben wir die Verantwortung, für ein ausreichendes Angebot an Bewegungserfahrungen zu sorgen, die das Pferd selbst machen kann und sich so aus sich selber heraus entwickeln kann – denn nur so kann das Pferd Bewegungen lernen. Der Vergleich:

Beim BewegungsLernen werden individuelle Fähigkeiten, Begabungen und Fertigkeiten des Pferdes mit entwicklungsspezifischen Erfahrungen und Primitivreflexen verknüpft.

Beim fremdbestimmten Einüben – dem Dressieren dagegen, kommt es nur teilweise oder überhaupt nicht zu einer Vernetzung mit bestehenden Fähigkeiten. Eingeübtes geht daher rasch verloren, muss immer wiederholt werden und schädigt den Pferdekörper.

Das Pferd entwickelt sich am besten aus sich heraus – natürliche Spuren

Pferde wollen alle ihre Fähigkeiten entfalten und nicht nur die, die vom Menschen verlangt werden – vor allem wird es dann kritisch, wenn das „Verlangen“ des Menschen nur aus einseitigen Beziehungsinhalten oder Reitinhalten besteht, die sich von der ursprünglichen Lebensweise des Pferdes in der Natur entfremdet haben – eben künstlich geworden sind. Denn was hat das Pferd davon?

Bewegungserfahrungen oder Eigenwahrnehmung sind in den heutigen Ausbildungssystemen, in denen das Pferd weitgehend fremdbestimmt lernen muss, oft kaum mehr möglich. Es geht beim BewegungsLernen also nicht darum, was der Mensch will – und auch nicht nur darum, was das Pferd lernt, sondern immer auch, WIE es das lernt und ob das Pferd etwas davon hat.
Eine tiefe und enge Beziehung mit dem vertrauten Menschen ist dazu unverzichtbar.

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