Unser Fuß, Stoßdämpfer und Wegweiser!
Über den Fuß entsteht der erste Kontakt mit dem Boden.
Hier entscheidet sich, was mit der restlichen Bewegung in unserem Körper passiert. Das Aufsetzten des Fußes und die Art, wie er seine Bewegung beim Laufen oder Gehen ausführt, beeinflussen, die weiteren Bewegungen in unserem Körper: Über den Fuß, zum Sprunggelenk, zum Knie, der Hüfte, der Wirbelkette bis zum Kopf.
Ganz so einfach ist es aber dennoch nicht – denn ob jemand z.B. Fersengänger ist oder nicht entscheidet sich nicht nur am Fuß, sondern auch über die Bewegung der Hüfte, über Schrittlänge und sogar über die Schrittbreite.
Unser Fuß ist mit unserem Sinnesorgan “Tastsinn” der erste Informationsgeber beim Bewegen.
Aber schon bei Babys wird er in Schuhe gepackt noch bevor sie laufen können.
Der Stoßdämpfer Fuß
Von der Natur perfekt gemacht, vom Menschen als unfähig erachtet.
Ein Viertel unserer Knochen, 52 an der Zahl, steckt in unseren Füßen. Dort bilden sie ein flexibles und belastbares Gewölbe, auf dem wir locker gehen und schnell laufen können. Dank ihrer über Jahrmillionen optimierten Konstruktion können wir stabil und bequem gehen und beim Gehen abrollen. Das Gehen und Laufen an sich ist auch ein Wunderwerk.
Einmal in Bewegung gesetzt, tickt unser Gehapparat wie ein raffiniertes System aus Gelenken, Pendeln und Federn. 200 Muskeln spielen dabei mit. Die Gelenke gleiten wie Industrielager. Wenn wir die Füße richtig benutzen, bewegen sie sich genau in der Achse der Beine auf den Körperschwerpunkt zu, beim Laufen sind sie hinter dem Schwerpunkt. Wir müssen die Knie kaum beugen und es kommt kaum oder gar nicht zu Ausweichbewegungen. Die Beine schwingen beim Laufen wie ein Pendel unter unseren Körper nach hinten durch. Mehr nach hinten, hinter den Schwerpunkt, das ist es was uns beim Laufen leicht und ohne Anstrengung nach vorn bringt. Ein minimaler Energieaufwand ohne schädigende Stöße auf den Körper. Der „Schwerpunkt“ , unser Gewicht wird zum Vorteil, zu unserem Motor. „Gemessen an Tieren gleicher Größe gibt es keine effizientere Fortbewegungsart als den menschlichen Gang.“ (McNeil Alexander)
Die elastischen Bänder nehmen den Aufprall auf und leiten ihn in Bewegung um. Die Zehen haben sich optimal ans Laufen angepasst und helfen beim Abdrücken nach vorn. Der Fuß des Menschen ist ein Kunstwerk der Evolution. Beim Laufen wirkt der Fuß wie eine Feder, die einen Teil der Energie beim Aufsetzten speichert und beim Abdrücken abgeben kann.
Der Bewegungskreislauf Mensch
Können Sie Ihrer Bewegung wirklich vertrauen? Wer glaubt er sei uneingeschränkter Herrscher seiner Bewegung, der täuscht sich! Denn alles was wir „denken“ blockiert unseren Körper in seiner Bewegung. Die Bewegung ist voller Fallen aber auch Abenteuer. Ausgehend von unserer Fußsohle beeinflussen wir letztendlich unsere Wirbelkette.
…In aller Kürze siehe Skizze:
a) Der Fuß ist leicht nach außen gedreht. Wie wirkt sich das aus?
1) Der Fuß rollt nicht erst über den kleinen und dann über die weiteren größeren Zehen ab, sondern direkt über den großen Zeh!
2) Die natürliche Dämpfung im Fuß geht verloren, weil die kleinen Muskeln nicht mehr arbeiten, Hallux kann entstehen.
3) Das Fußgelenk ist wirklich zu vielem fähig und sehr flexibel in der Bewegung, doch wenn die Muskeln und Knochen im Gelenk in eine andere Richtung arbeiten müssen als jene, für die sie geschaffen wurden, kommt es zu Problemen.
4) Der Achillessehne wird die Arbeit genommen, weil sich der Fuß im Sprunggelenk nicht mehr abwinkelt. Sie kommt zum Stillstand.
(Mehr zur Achillessehne lesen Sie hier –>)
b) Das Knie wird durch die falsche Bewegung nach außen gedreht.
Es ist dafür gemacht, sich nach vorne und nach hinten zu bewegen, (nur minimal nach links und rechts) aber nicht schräg oder gar
im Kreis, was in diesem Fall zwangsläufig passiert. Schmerzen, Abnutzungen, Ausweichbewegungen, gedehnte, erschlaffte Gelenkbänder und Sehnen, die Bildung falscher Muskulatur sind die Folge.
c) Die Hüfte bewegt sich nach hinten wenn wir einen Schritt nach vorne machen. Das kann sie nicht mehr, wenn bereits vom Fuß und über das Knie eine nicht optimale Bewegung kommt.
5) Bewegt sich die Hüfte nach oben, hinten, vorne, unten, geht die Bewegung falsch in die Lendenwirbel über und diese müssen eine Arbeit übernehmen, für die sie nicht geschaffen sind. Es kommt zu Drehbewegungen der Lendenwirbel, Abnutzungen, Bandscheibenvorfällen, dem Festhalten der Muskulatur …!
6) Ab der Brust sind die Wirbel von Natur aus wesentlich beweglicher und können sich leichter drehen, das hat aber bereits der Lendenwirbel übernommen und die Bewegung der Brustwirbel rostet ein bzw. wird als Schutzmechanismus von den Schultern und Brustmuskeln festgehalten. Die großen Muskeln halten nur noch fest anstatt die kleinen Muskeln der Tiefenmuskulatur und die Bewegungsfreiheit der Wirbel zu fördern. (Schulter halten)
7) Die Schultern halten fest und schwingen nicht mit der Bewegung der
Hüfte mit.
Geht die rechte Hüfte bei einem Schritt nach hinten, sollte die
Bewegung durch die Wirbelkette gehen und die linke Schulter
automatisch nach vorne gehen. Somit würde die Wirbelkette
gerade bleiben und es kommt zu keinen Verdrehungen der Wirbel.
Die Lendenwirbel sind dazu gemacht, sich nach
vorne und nach hinten zu bewegen, Drehbewegungen sind erst
ab der Brustwirbelkette im Bauplan Mensch vorgesehen.
Die Halswirbel halten dadurch fest und sind nicht mehr frei beweglich.
Schulter oder Rückenschmerzen können also vom Fuß kommen!
Achtung:
Das ist nur ein Beispiel! Der Bewegungskörper Mensch ist zwar eigentlich ein einfaches, einheitliches System, aber niemals gleich, weil wir unsere Muster selbst entwickeln.
Lesen Sie hier dazu mehr unter: Wie entstand “Ihre” Bewegung”?
Hauptgründe (hier ausgenommen, Geburtsfehler und schwere Unfälle):
– Fersengang
– Schrittlänge
– Schrittbreite
– Passgang
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Wenn wir den Fuß nach außen drehen und so über die Innenseite abrollen beeinflusst das unseren restlichen Bewegungsablauf! Wenn wir eine Einlage bekommen rollen wir deshalb nicht mehr über die Innenseite? Wohl kaum, das Bewegungsmuster bleibt gleich!
Es ist wichtig, das sich die Bewegung bereits in der Hüfte ändert, über das Knie dann die richtige Bewegung zum Fuß kommt.
Durch eine Vielzahl verschiedener Übungen im Gehen kann man diese Fehlstellungen relativ leicht wieder korrigieren!
– Abwechselndes breites und schmales Aufsetzten des Fußes. Es bringt das Bein wieder in die ursprüngliche Bewegungsmöglichkeit von der Hüfte ausgehend zurück.
(Nicht Hüftbreit sondern zentriert unter dem Körper)
– Die Achillessehne wieder aktivieren um von der Ferse aus den Schwung nach vorne zu erreichen.
– Den Fuß beim gehen zentral unter dem Körper aufsetzten und dabei achten, dass die Zehen immer Richtung 12:00 Uhr schauen.
– Den Fuß beim gehen zentral unter dem Körper aufsetzten und dabei achten, dass die Ferse immer Richtung 18:00 Uhr schaun.
– Die Aufmerksamkeit auf den großen Muskel an Ihrem Hinter lenken und so gehen, dass sie Ihn spüren.
– Den Kopf nach vorne oben orientieren, nicht ziehen, sondern die Grupe die Sie am Hinterkopf haben, an der die Wirbelkette in den Kopf einfließt leicht nach oben in die Bewegung mitnehmen.
– Das Knie bewusst nach hinten drücken. Wichtig ist dabei das enge, schmale Aufsetzten des Fußes, so bekommen sie eine Hebelwirkung die sie leicht aber effektiv nach vorne bringt.
– Das Becken mal versuchsweise einen Millimeter nach vorne rollen, also das Schambein in Richtung Nabel, und dann gleich wieder loslassen.
– Die Lendenwirbelkette mal gerade machen und mal gebogen, dabei weiter gehen und reinfühlen wie sich das anfühlt!
Was passiert dabei?
Sie werden merken, dass der ganze Körper beginnt in die Bewegung einzufließen, Schultern werden lockerer, der Kopf kommt über Ihren Körper, die Knie spüren weniger Druck beim Aufsetzten, der Fuß kommt in eine freiwillige gerade Lage und setzt wieder richtig auf.
Der Fuß beginnt hinter dem Körper aufzusetzten, wir nützen unsere Schwerkraft als Motor! |
Wir gehen mit dem langen Muskelstrecker hinten und nützen die Hebel besser! |
Das Becken bewegt sich richtig und die Lendenwirbel werden entlastet! |
Der Fuß setzt gerade nach vorne auf und entlastet das Fußgelenk und das Knie! |
Die Achillessehne kommt in die Arbeit und hilft bei der Bewegung mit! |
Der Gang wird leichter und Gesünder! |
Diese Darstellung ist sehr vereinfacht, also nicht verzagen, wenn es nicht beim ersten mal Funktioniert. Jeder Mensch spricht auf andere Bewegungen an, die Ihm helfen sein Bewegungsmuster zu verbessern. Ich muss bei diesen Übungen oft viele verschiedene Ansagen machen, bis ich raus gefunden habe was bei wem wirkt. es ist aber bestimmt mal ein Anfang!
Meine persönliche Schuhempfehlung: |
Der Mensch wurde als Bewegungstalent und Dauerläufer gebaut.
Die Evolution hat das in Jahrtausenden immer weiter verfeinert. Unsere heutige Zivilisation und ihre Anforderungen an den Menschen ist im Vergleich nur wenige Jahre alt. Wir brauchen die Bewegungen nicht mehr, die wir im Laufe der Jahrtausende entwickelt haben. Durch eingeschränkte und einseitige Bewegungen nimmt unser Körper falsche Muster in Muskeln, Sehnen, Gelenken und den Vernetzungen im Gehirn an!
Auch wenn wir Sport treiben, ist es aus einem monotonen Alltag heraus mit Leistung und Zwang verbunden.
“Schneller, höher, stärker ist die Devise.”
Dabei, war es nur eine Frage der Zeit ,wie lange es dauert, das Gefühl für den Körper zu verlieren: Bewegungen können über Jahre falsch ausgeführt werden, ohne dass der Betreffende es bemerkt. Erst wenn der Schaden bereits stark erkennbar ist und starke Schmerzen entstehen, wird ein Arzt konsultiert. Warum nur so spät? Warum wurde die Schmerzgrenze nicht gefühlt und beachtet?
Sogar in der sogenannten “Freizeit” müssen wir mit der Stoppuhr und dem Pulsmesser laufen gehen. Man will ja schließlich was erreichen!
Warum merkt man nicht, dass man beim Laufen mit der Ferse aufsetzt? Ja, stimmt schon, durch die genialen Schuhe mit Dämpfung ist der Aufprall geringer und die Sportindustrie hat mit diesem gefährlichen Produkt auch noch Erfolg. Aber nicht nur Laufschuhe, auch “normale” Freizeit und Wanderschuhe werden so gebaut.
Wanderschuhe gehen über den Knöchel, damit man nicht umknickt. Nicht umknicken wenn Sie müde sind oder ausrutschen, können Sie nur in einem Skischuh, da hilft auch der Wanderschuh nicht! Er hilft lediglich dabei, die Information vom Fuß zum Gehirn und wieder zurück zu verzögern.
Wir haben durch unser falsches Sicherheitsdenken verlernt, uns auf unseren Körper und seine Fähigkeiten zu verlassen, sie auf natürliche Art und Weise zu trainieren.
Es ist unglaublich, wie schnell man den Körper wieder zu seinen Fähigkeiten zurückbringen kann. Er ist ein Wunder und ich bin immer wieder aufs Neue überrascht, weil unser beweglicher Körper genial ist und schnell lernt!
Ich selbst bin durch meinen Beruf in der glücklichen Lage, den Großteil des Tages barfuß zu verbringen. Schuhe sind jedoch immer in der Nähe, denn manchmal, wenn auch selten, empfiehlt es die Nettiquette, Schuhe zu tragen. Das sind dann “Five Fingers” oder Barfußschuhe.
Ich laufe, wandere, klettere barfuß oder bei Schotter mit den Five Fingers.
Man kann alles übertreiben:
Wer damit beginnt, das Barfußlaufen mehr in sein Leben einzubinden, sollte es langsam angehen! Der Fuß, seine Muskulatur und die Bänder müssen sich erst an die freie Bewegung gewöhnen. Der Körper stellt sich aber sehr schnell darauf ein, normalerweise in 2-3 Wochen. Sie werden bald am ganzen Körper eine positive Veränderung der Haltung und Bewegung bemerken.
Beim Laufen einfach mal die Schuhe in die Hände nehmen und ein Stück barfuß laufen. Auch hier gilt, es am Anfang nicht zu übertreiben!
Im Beruf ist es oft nicht möglich ohne Schuhe auszukommen, aber es gibt mittlerweile auch elegante Barfußschuhe.
Zu Hause laufe ich immer barfuß.
Diese Aussage höre ich sehr oft, aber das ist nicht genug. Wichtig ist, dass der Boden nicht eben ist, um den Fuß etwas zu fordern. Auch ein Wechsel der Geschwindigkeit beim Laufen und Gehen hilft dabei, auch mal “andere” Muskeln im Fuß zu nutzen und zu aktivieren!
Anmerkung zu Schuheinlagen:
J. Hildebrandt M. Pfingsten aus dem Buch Rückenschmerzen und Lendenwirbelsäule.
Es existieren verschiedene Studien über den Einfluss von Schuheinlagen und Schmerzen in Bereich des Bewegungsapparates. Verschiedene Studien weisen nicht explizit Rückenschmerzen als Outcomekriterien aus, andere Studien sind an sehr ausgewählten Populationen erfolgt, unter anderem an Soldaten, Polizeibeamten und Fußballschiedsrichtern. In den meisten Studien dieser Art ist die Anwendung auf einen kurzen Zeitraum beschränkt, z.B. ein Fußballturnier oder mehrtägige Märsche, oder der Nachbeobachtungszeitraum ist sehr kurz. In anderen Studien ergibt sich keine eindeutige Datenlage für oder gegen den Nutzen von Schuheinlagen, sodass über den Nutzen von Schuheinlagen bei Rückenschmerzen keine Aussage getroffen werden kann, noch viel weniger im Hinblick auf den präventiven Nutzen von Schuheinlagen.
von Roland Pausch |
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