Die hohe Kunst der körperlichen Vorbereitung des Pferdes zum Reiten
Die körperliche Vorbereitungsphase des Pferdes zum Reiten, bei der der Pferdekörper mit allem versehen wird, was es zu der eingeschränkten Bewegung mit und unter dem Menschen braucht, hat eine mindestens so lange Tradition wie das Reiten selber. Viel zu schnell geht eine geformte Bewegung in eine verkehrte Richtung, mit verheerenden Auswirkungen für das Pferd. Wen wundert es, dass diese Vorbereitung lange Zeit als die eigentliche Kunst gegolten hat, denn in dieser Phase werden die „Weichen“ im Pferdekörper gestellt.
Die enorme Wichtigkeit, bzw. psychische und physische Notwendigkeit des umfassenden schonenden Körperaufbaus, ist durch das reine nutzungsbedingte Zweckdenken der Reiterei untergegangen. Aber das der nur auf Reittechniken beschränkte Umgang mit dem Pferdekörper natürlich auch auf das Pferd rückwirkend negativen Einfluss haben muss, leuchtet – nach einigem Nachdenken – jedem ein.
Es ist kein umfangreiches anatomisches Wissen nötig, um zu verstehen das ein körperlich nicht vorbereitetes Pferd durch die Belastung des Menschen (nicht nur beim Reiten) irreparable Schäden erleidet, die die äußerst positiver Wirkung eines Reitens im „best case“ nicht wieder gut machen kann. Wobei man gar nicht sagen kann, um welches Körperteil des Pferdes man sich am meisten Sorgen machen muss – denn egal wo man hinschaut, man sieht überall am Körper des Pferdes den negativen Einfluss des Menschen.
Reiten ist Bewegungskunst – und bei der richtigen Vorbereitung fängt sie an
Weil die alten Gehorsams-, Ordnungs-, und Erziehungsprinzipe der Reiterei, damit schon lange an die Grenzen des zumutbaren für das Pferd stoßen, und weil man das Pferd heute wirklich nicht mehr „Nutzungsabhängig“ ausbilden muss, können wir uns nun ganz der komplexen Bewegungswelt des Pferdes zuwenden und damit die uralte Tradition der körperliche Ausbildung und dem Aufbau des komplexen Pferdekörpers wieder aufnehmen, mit den verschiedenen Phasen der Entwicklung.
Die heute einzige, allerdings allseits bekannte Form der Bewegungsvorbereitung ist das „Longieren“ des Pferdes. Beim „Longieren“ wird das Pferd aber so einschichtig in eine Form gebracht wird, dass es seine Bewegungen nicht vollständig und umfänglich entfalten kann. Es kann dabei so vieles im Körper des Pferdes daneben gehen, dass wir deshalb im Biomotorischen Training aus guten Gründen darauf verzichten, und es mit den viel „sinnvolleren“ Fohlenspielen ersetzen.
Schon Xenophon wusste: „Was ein Pferd gezwungen tut, das versteht es nicht“.
Die körperliche Vorbereitung und die Einstimmung des Pferdes auf den Menschen gelten als die eigentliche Kunst
Die Biomotorik bedeutet den Eintritt in die körperliche Bewegungswelt des Pferdes, in der wir vom Pferd nicht einfach etwas ERWARTEN, aber auch nichts dem Zufall überlassen, sondern das Pferd von Anfang an, in die Obhut seiner Körpersysteme stellen.
Durch das Biomotorische Training sehen wir das Pferd stets als Ganzes, das Hauptanliegen ist es, die physische und psychische Entwicklung im Verlauf der „Ausbildung“ möglichst fein aufeinander abzustimmen. Ein Pferd das durch eine Ausbildung nicht schöner in seinen Körperformen, stolzer und aufrechter in seiner Körperposition, aufmerksamer in seinen Handlungen wird – ein Pferd, dem man nicht die Freude über sein eigenes Können und seine eigenen Bewegungen am Spiel der Ohren und im Ausdruck der Augen ansieht, wurde dressiert, automatisiert und konditioniert und nicht im Sinne seiner Sinne ausgebildet.
Mit den Beobachtungen des Fohlens und dem Lernverhalten hat uns aber die Natur einen Schlüssel in die Hand gegeben, mit dessen Hilfe wir das Pferd „sprechen“ lassen können. Mit dem Biomotorischen Training fordern wir dem Pferd keine der Natur zuwiderlaufendes Verhalten ab, sondern der Mensch stellt sich AUF DAS PFERD ein, er nimmt mit dem Pferd Fühlung auf, um die Bereitschaft des Pferdes zu erlangen. Ohne diese Bereitschaft des Pferdes zur Mitarbeit, ohne sich immer wieder die Frage zu stellen, wie eine innere Beziehung zwischen Mensch und Pferd entstehen kann, ist ein echter Erfolg – egal was man mit dem Pferd tut – nicht denkbar.